Berlin: Was für die Bundesregierung zur Beantwortung von Anfragen von Abgeordneten des Deutschen Bundestages bisher anscheinend noch nicht möglich war, hat der SPIEGEL mittels einer Umfrage bei den einzelnen Bundesländern ermittelt. Die Rede ist von den konkreten Zahlen der seit dem 1.1.2018 bundesweit im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes möglichen Nutzung eines Budgets für Arbeit als Alternative zu einer Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen. Der SPIEGEL-Bericht macht anhand des Beispiels einer Beschäftigungsmöglichkeit bei der Bundestagsabgeordneten der Grünen, Corinna Rüffer, zudem deutlich, wie schwer es Betroffenen und Arbeitgebern zuweilen gemacht wird, wenn sei ein Budget für Arbeit nutzen möchten.

Wie Tobias Lill vom SPIEGEL in seinem Beitrag mit der Überschrift "Bilanz zum Bundesteilhabegesetz: Ein riesiger Flop" vom 28. August 2019 berichtet, kritisiert Corinna Rüffer die Bürokratie bei der Bewilligung des Budgets für Arbeit. Die Grünenpolitikerin weiß dabei, wovon sie spricht, denn in ihrem Abgeordnetenbüro hat Lukas Krämer eine Chance bekommen einstweilen als geringfügig Beschäftigter zu arbeiten, doch sie würde ihn gerne mehr beschäftigen. Lukas Krämer habe deshalb bereits im Januar einen entsprechenden Antrag auf das Budget für Arbeit gestellt. Doch das Amt stelle sich laut Rüffer quer und verlange, dass Krämer weiterhin wie ein Werkstattmitarbeiter bezahlt wird.

Dass das von der Bundesregierung als einer der großen Erfolge des Bundesteilhabegesetzes dargestellte Budget für Arbeit bisher nur ein Tropfen auf den heißen Stein darstellt, wird anhand der vom SPIEGEL erfragten Daten aus den einzelnen Bundesländern deutlich. Eine Reihe von Bundesländern bleiben dabei sogar noch im einstelligen Bereich, wie Baden-Württemberg mit drei bewilligten Budgets für Arbeit, das Saarland mit sechs, Brandenburg mit acht. In Berlin waren es Ende Juni sogar nur vier und Sachsen kann gerade einmal ein Budget für Arbeit aufweisen.

Das NETZWERK ARTIKEL 3, das auf der Internetplattform www.budgetfuerarbeit.de/ im Rahmen eines von der Aktion Mensch geförderten Aufklärungsprojektes u.a. mit guten Beispielen wirbt und auf der Werkstättenmesse in Nürnberg präsent war, kritisiert die Halbherzigkeit der Bundesregierung in Sachen Budget für Arbeit. Nicht einmal bei den ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatungsstellen (EUTBs) würden die Rahmenbedingungen so gestaltet, dass eine Einstellung behinderter Menschen im Rahmen des Budgets für Arbeit attraktiv und von bürokratischem Zusatzaufwand geprägt sei. Auch hier scheine es nach Ansicht des NETZWERK ARTIKEL 3 so, dass die Werkstättenlobby es wieder einmal im Zusammenspiel mit den Behörden schaffe, ernsthafte Alternativen zur Werkstatt für behinderte Menschen im Keime zu ersticken. Das Budget für Arbeit sei dennoch ein gutes, wenn auch verbesserungswürdiges Instrument, für eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt statt in einer Werkstatt, das genutzt und gefördert werden müsse, heißt es vonseiten des NETZWERK ARTIKEL 3.

Link zum SPIEGEL-Bericht von Tobias Lill vom 28.8.2019

Link zur Internetseite des NETZWERK ARTIKEL 3 zum Budget für Arbeit