Berlin/Saarbrücken: Das Saarland steht behindertenpolitisch derzeit vor allem wegen des Kampfes von Markus Igel für eine bedarfsgerechte Finanzierung seiner Persönlichen Assistenz im Fokus der öffentlichen Interesses. Der saarländische Landtagsabgeordnete der Linken Ralf Georgi forderte nun von der saarländischen Landesregierung mittels einer Anfrage im Landtag Informationen zum Thema Menschen mit Behinderungen auf dem ersten Arbeitsmarkt. Dabei ging es ihm insbesondere um die Vermittlungsquoten der Werkstätten für behinderte Menschen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Dr. Martin Theben hat sich die Antwort angeschaut und ist angesichts der geringen Vermittlungszahlen von 31 Personen in fast fünf Jahren schockiert.
"In ihrer Antwort vom 5.2.2019 auf die Anfrage gibt die saarländische Landesregierung u.a. an, dass im Zeitraum von 20014 - 2018 insgesamt 31 Personen auf den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden konnten; darunter keiner im Jahre 2018 (bis 31.10.2018). In eine Landesbehörde wurde in dem genannten Zeitraum niemand vermittelt, was mit den erhöhten Anforderungen einerseits und dem Personalabbau andererseits begründet wird. Gleichzeitig wird in der Antwort auf die Beschäftigungsquote im öffentlichen Dienst von 5,9 % verwiesen. Perspektivisch setzt das Saarland große Hoffnungen auf das Budget für Arbeit. Vor dem Hintergrund des gesetzlichen Auftrages der Werkstätten finde ich die saarländischen Zahlen recht bescheiden und den Hinweis auf die mangelnde Qualifikation für den öffentlichen Dienst fast schon zynisch", schrieb Dr. Martin Theben den kobient-nachrichten.
In der Antwort auf die Anfrage werden auch die Vermittlunszahlen aus einer Werkstatt für behinderte Menschen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt für die letzten 20 Jahre genannt. So heißt es: "Insgesamt konntenso seit 1998 182 Menschen mit einer Behinderung in ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis vermittelt werden." Lässt man das statistisch noch nicht insgesamt erfasste Jahr 2018 weg, ergibt sich daraus eine durchschnittliche jährliche Vermittlung von neun behinderten Menschen aus den saarländischen Werkstätten auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. 2014 waren es 8, 2015 7, 2016 8 und 2017 ebenfalls 8 Personen - und dies obwohl die saarländische Landesregierung in ihrer Antwort auf die Anfrage ausdrücklich verschiedenen Anstrengungen und Projekte zur Vermittlung benennt:
"Es ist grundsätzlich Aufgabe der Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM), den Übergang von Menschen mit einer Behinderung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt durch geeignete Maßnahmen zu fördern. Seit nunmehr 20 Jahren besteht zusätzlich in der Mehrzahl der saarländischen Werkstätten ein von der Landesregierung geförderter Fachdienst für betriebliche Integration (FbI), der ein nachhaltiges und weitreichendes Netzwerk zum allgemeinen Arbeitsmarkt erschlossen hat. Als Instrumentarium stand bis zum 31.12.2017 das ebenfalls landesseitig geförderte Programm '60 inklusiv' zur Verfügung, das den Übergang aus der Werkstatt für Behinderte auf den allgemeinen Arbeitsmarkt über 60 Monate finanziell unterstützte. Bis es zu einer tatsächlichen Vermittlung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt kommt, sind viele Einzelschritte erforderlich, wie z.B. Kontaktaufnahme und Beratung des Betriebes, aktive Qualifizierung des Menschen mit einer Behinderung, Teilnahme an Betriebspraktika, Vermittlung auf ausgelagerte Arbeitsplätze usw. Dabei erfolgt die Auswahl des Arbeitsplatzes nach der persönlichen Geeignetheit und Beschäftigungsmöglichkeit des Menschen mit einer Behinderung. '60 inklusiv' wird im Bundesteilhabegesetz (BTHG) vom Budget für Arbeit abgelöst. Die Landesregierung hat hierzu Richtlinien erarbeitet und mit der LIGA der freien Wohlfahrtspflege abgestimmt. Sie traten im Oktober 2018 in Kraft."
Leut einem Bericht der Saarbrücker Zeitung vom 1. Februar 2019 unter dem Motto "Behindertenwerkstätten werden immer wichtiger" sind im Saarland 3.800 behinderte Frauen und Männer in elf Werkstätten beschäftigt. Hinzu kommen 1.500 Angestellte, die in diesen Einrichtungen reguläre Jobs haben. Und weiter heißt es in dem Beitrag: "Das Land fördert die Arbeit der LAG-Einrichtungen in diesem Jahr mit 65,5 Millionen Euro." Wer sich genauer informieren möchte, kann sich bei den Mitgliedern der LAG der Werkstätten für behinderte Menschen des Saarlandes auf deren 200 Quadratmeter großen Stand bei der diesjährigen Werkstättenmesse vom 27. bis 30. März in Nürnberg informieren.
Da in der Öffentlichkeit nur selten Zahlen zu Werkstätten für behinderte Menschen genannt werden, hat die kobinet-Redaktion einmal schnell nachgerechnet: Bei 3.800 beschäftigten behinderten Menschen in den saarländischen Werkstätten und einer jährlichen Förderung von 65,5 Millionen Euro pro Jahr ergibt sich eine durchschnittliche Förderung des Saarlandes für einen Werkstattplatz von 17.236 Euro pro Jahr, was durchschnittlich 1.436 Euro pro Monat pro Werkstattplatz bedeutet. Berechnet man die Vermittlungsquote auf den allgemeinen Arbeitsmarkt, so ergibt sich bei 8 Vermittlungen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt für das Jahr 2017 bei 3.800 Beschäftigten in Werkstätten für behinderte Menschen eine Vermittlungsquote von knapp über 0,2 Prozent.
Link zur Antwort der saarländischen Landesregierung auf die Anfrage